Sonderpreis

Wahrscheinlich lag es am blauen Himmel und den ersten warmen Sonnenstrahlen: lange Schlangen vor den Eisdielen, kein freier Tisch.
Und überall Leute!


Frau Buttge war gestresst. Sie mochte die vielen Menschen nicht. Ungeduldig zerrte sie ihren Rentnermecedes hinter sich her und drängelte durch die Massen.
Vor Edeka gab es kein Durchkommen mehr.
Menschentrauben belagerten ein Podest, auf dem acht Fahrräder standen.
Laute Musik.
Ein paar Jungen in enganliegender Sportkleidung erklommen hopsend und klatschend die Bühne. In den Händen hielten sie Hanteln, die sie im Rhythmus hin und her schwangen.
Die Leute rundum applaudierten.
“Na, det kann ick ooch“, brummte die Buttge. “Wenn ick ma von Aldi det Wasser hole, denn hab ick sojar noch mehr zu schleppen.“
Jetzt legten die Sportler die Hanteln weg. Jeder nahm sich einen langen Stab und hielt ihn mit beiden Händen über dem Kopf. Das Ding wackelte wie wild;
rauf, runter, rauf, runter.
“Na, det kenn ick ooch! Jenauso zitter’ ick, wenn ick die Jardinen uffhänge!“
Die jungen Leute legten die Stäbe weg.
Voller Elan schwangen sie sich auf die Räder, um dann mit einem psychedelischen Grinsen los zu strampeln.
Aber sie kamen ja nicht vom Fleck!
“Janz schön bescheuert, dieset stupide Jezappel! Wär’ doch wohl jesünda, mit’m Fahrrad durch die Natur zu fahren. Da wär’de Luft ooch bessa.“
Die Buttge wollte gerade weitergehen, als sich ihr zwei Sonnenstudio gebräunte Jünglinge in den Weg stellten.
“Haben Sie nicht Lust, mal in unser Fitnesscenter zu kommen?“, fragte der eine mit breitem Lächeln.
Der andere hielt ihr einen bunten Prospekt entgegen.
Wie gebannt starrte die Buttge auf die muskelstrotzenden Arme, die im Sonnenlicht glänzten.
“Wat woll’n Se von mir?!“
“Ob Sie nicht Lust haben, mal in unser Fitnesscenter zu kommen. Sport würde Ihnen sicher gut tun.“
“Mein’ Se vielleicht, ick hab’ det nötig?!“ Sie musterte den jungen Mann streng.
“Nein, nein, ich meine ja nur …“, stammelte der.
Die Buttge grinste: “Wat kost’ denn der Spaß?“
“Sonderpreis! Wenn Sie heute einen Jahresvertrag abschließen, zahlen Sie nur 35 Euro pro Monat. Und die Anmeldegebühr sparen Sie heute auch noch.“
“So, so. 35 Euro also …“
Sie strich sich über ihre gut gepolsterten Hüften und Oberschenkel.
“Jahrelang hab’ ick mir die Pfunde mühselig anjefuttert. Und det ville Jeld dafür! Und nu soll ick 35 Euro im Monat berappen, det se wieder runterkommen?!“
Ihr Blick taxierte den Jüngling von oben bis unten.
“Und denn soll ick als Spargeltarzan durch die Jejend hopsen, oder wie?!“
“Naja, ähm, ich ähem“, stotterte er. “Das ist wohl Ansichtssache …“
“Nee, mein Jungchen. Det könn’ Se vajessen!“, sagte die Buttge und schwebte davon.

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