Da ist ein Loch im Papier

Es weihnachtet sehr und das schon seit August. Die Läden sind voll mit Süßigkeiten und das jedes Jahr früher.

Wenn es so weitergeht, dann gibt es irgendwann schon Ostermontag Schokoweihnachtsmänner.
Jetzt sind es noch knapp zwei Wochen bis Weihnachten.
Ich müsste mal langsam losgehen und schauen, ob ich ein paar schöne Geschenke für meine Enkelkinder finde. Es wird immer schwieriger etwas zu besorgen, denn mit diesem ganzen Technikkram komme ich nicht klar.
Als ich den Laden betrete beschlägt meine Brille, und ich sehe genauso viel, wie ein blindes Huhn. Langsam lichtet sich der Schleier, und dann sehe ich ihn vor mir: Er ist es! Mein Herz klopft bis zum Hals. Er ist es wirklich! Der kleine weiße Teddy den ich mir immer als Kind gewünscht habe. Ich nehme ihn in den Arm und er ist genauso weich und kuschelig wie in meinen Träumen. Teddy ich lass dich nie wieder los!

Meine jüngste Enkeltochter ist bei mir zu Besuch.
„Hast du schon einen Wunschzettel an den Weihnachtsmann geschickt“ frage ich die kleine Elisa.
„Ja schon lange, Omi und ich habe Elisa raufgeschrieben, damit der Weihnachtsmann weiß, dass es mein Wunschzettel ist.“
„Das finde ich toll, dass du schon mit vier Jahren deinen Namen schreiben kannst. Geh noch ein bisschen ins kleine Zimmer spielen. Ich decke inzwischen den Kaffeetisch.“
Elisa verschwindet und kommt schnell wieder, in der Hand meinen Teddy.
„Du, Omi kann ich den haben?“ Hoffnungsvoll blickt sie mich an.
Mein Teddy … Ich bin hin und hergerissen.
„Elisa-Mäuschen, ich kann dir den Teddy nicht geben, denn er ist mein Freund und Freunde darf man nicht verschenken.“
Traurig sieht Elisa mich an, nickt verständnisvoll und bringt den Teddy zurück.
Am Kaffeetisch frage ich sie, was sie sich zu Weihnachten wünscht.
„Ein Hatchimal wünsche ich mir“, sagt Elisa und schlürft ihren Kakao.
„Was ist um Himmels Willen ein Hatchimal?“
„Ach Omi, das ist so‘n Ei und dann kommt‘n Babyhatchimel raus.“
„Na hoffentlich weiß der Weihnachtsmann was das ist.“
Was immer das auch sein mag, ich ziehe los und kaufe ihr ein Hatchimel.
Weihnachten ist bei meiner Tochter in Meck-Pomm immer sehr schön. Die Bescherung ist vorbei und die Kinder spielen mit ihren Geschenken.
Es klingelt plötzlich und Elisa läuft hinaus um nachzusehen.
„Da liegt‘n Geschenk vor der Tür“, ruft sie.
„Steht da ein Name drauf?“, frage ich.
„Da ist‘n Loch im Papier“, sagt Elisa und dann buchstabiert sie. „E L I S A. Elisa! Ich bin Elisa.“
„Na dann ist das Päckchen für dich.“
Sie reißt es auf.
„Omi, da ist ja dein Teddy drin“, ruft sie. „Der ist von Berlin ganz alleine hier hergekommen!“
„Das ist nicht mein Teddy. Mein Teddy hat eine rote Schleife und der hier hat eine blaue. Das ist bestimmt sein Bruder.“
„Ist das jetzt mein Teddy?“, fragt sie und drückt ihn ganz fest an sich.
„Ich denke schon, denn es steht ja dein Name auf dem Päckchen.“
Glücklich schläft sie mit ihrem neuen Freund ein.
Am Morgen kommt Elisa in ihrem Nachthemdchen und dem Teddy im Arm zu mir ins Bett gekrochen.
„Weißt du Omi. Ich hab’s mir genau überlegt, und jetzt weiß ich, wie Teddy das gemacht hat: Er ist von Berlin hierher gelaufen, dann ist er durch‘s Loch aus dem Paket geklettert, hat geklingelt, und dann ist er ganz schnell wieder zurück gekrochen, damit ich das Paket aufmachen kann.“
„Ja, Elisa, genauso wird es gewesen sein!“

Die Zeichnung ist von

F.A. Peters Autor von

Gnomus oder Der König der nie lachte

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